«Gemeinschaftsgefühl ist für mich essenziell.»
Flurina Ruoss, Kirchenmusikerin
«Ich kann den Menschen viel mitgeben und sie berühren mit Musik.»
Udo Zimmermann, Kirchenmusiker
«Das sehr körperliche Spiel mit Händen und Füssen macht das Orgelspiel zu etwas tief Berührendem und Erfüllendem.»
Suzanne Z’Graggen, Kirchenmusikerin
Kirchenmusikerin & Kirchenmusiker
Kirchlichen Anlässen mit Musik eine zusätzliche Dimension verleihen
Was ist ein Gottesdienst ohne Musik? Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker stehen haupt- oder nebenamtlich im Dienst der Pfarrei. Bei Gottesdiensten und liturgischen Feiern wirken sie als Chorleiterin, Organist oder Kantorin. Kirchenmusiker kommen nicht nur bei den regelmässigen Gottesdiensten zum Einsatz, sondern auch an hohen kirchlichen Feiertagen, bei Taufen, Hochzeiten, Trauerfeiern oder Kirchenkonzerten. Auch die Leitung von Kinder- und Jugendchören sowie anderer Singkreise oder kleinen Orchester kann zu ihren Aufgaben gehören.
Zu traditioneller Kirchenmusik gesellen sich immer mehr auch neue musikalische Formen und Stile. Oft engagieren Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker für bestimmte Anlässe weitere Musiker. Der Beruf des Kirchenmusikers ist nicht nur attraktiv, er lässt sich gut mit anderen (musik)beruflichen Aufgaben verbinden.
Das bringst du mit
Die Freude am Musizieren und ein gutes Niveau in der musikalischen Darbietung sind Grundvoraussetzungen für die Ausbildung. Daneben brauchst du eine gymnasiale Matura, eine Berufsmatur oder einen Fachmaturitätsabschluss für das Berufsfeld Musik und Theater. Alternativ kommen auch der Abschluss einer 3-jährigen Handels- oder Diplommittelschule oder eine gleichwertige allgemeinbildende Ausbildung infrage. In jedem Fall musst du ein Zulassungsverfahren bestehen, das aus einer praktischen und einer theoretischen Aufnahmeprüfung besteht.
Ausbildung
Kirchenmusik kann an der Hochschule Luzern (HSLU) oder der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) studiert werden. Der Studiengang steht allen Interessierten offen.
Es gibt eine Reihe von Ausbildungsmöglichkeiten für nebenamtliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker, bei denen berufsbegleitend das C-Diplom oder das B-Diplom erworben werden kann.
Dauer der Ausbildung
Das Hochschulstudium dauert drei Jahre (Bachelordiplom) bzw. fünf Jahre (Masterdiplom). Die berufsbegleitende Ausbildung zum C-Diplom dauert zwei Jahre.
Abschluss
- Bachelor bzw. Master Kirchenmusik
- C-Diplom bzw. B-Diplom
Weiterbildung
Die berufsbegleitenden Nachdiplomstudiengänge «Certificate of Advanced Studies Kirchenmusik» und «Diploma of Advanced Studies Kirchenmusik» richten sich an Musikerinnen und Musiker mit einer Berufsausbildung, die ihre Kenntnisse und Kompetenzen in Kirchenmusik erweitern oder vertiefen möchten. Die ZhdK setzt mit ihrem CAS Kirchenmusik Pop und Jazz (basic und advanced) neue Impulse in der Kirchenmusik.
Weitere Infos
Hier findest du weitere Informationen zu den diversen Ausbildungswegen
«Gemeinschaftsgefühl ist für mich essenziell.»
Flurina Ruoss, Kirchenmusikerin
Flurina Ruoss ist Kirchenmusikerin in Richterswil.
Meine berufliche Laufbahn begann mit dem Schwerpunkt Musik am Gymnasium, gefolgt von einem Bachelor-Abschluss in Schulmusik mit Hauptfach Gesang. Dann absolvierte ich einen Master in Gesangspädagogik und Performance sowie ein Diploma of Advanced Studies (DAS) in Chorleitung und nun habe ich auch noch einen Master in Chorleitung an der Zürcher Hochschule der Künste begonnen, um mein Wissen weiter zu vertiefen.
Von Schulnoten und Gesangsnoten
In meiner Kindheit und Jugend sang ich schon im Chor. Der Übergang zur Leitung von Chören war fliessend. Anfangs hatte ich am Klavier begleitet, während meines Bachelor-Studiums übernahm ich immer mehr Stellvertretungen. Ich leitete den Gospelchor Meilen und den Chor «Wallisellen on Stage». Seit 2021 bin ich als Chor- und Ensembleleiterin der reformierten und der katholischen Kirche Richterswil angestellt. Vor Kurzem habe ich hier einen dritten Chor gegründet.
Befreiender Klang in der Kirche
Meine Ausbildung hat mich gut auf meinen Beruf vorbereitet. Kirchenmusik mag zwar eine Nische sein, aber das Gemeinschaftsgefühl ist hier besonders ausgeprägt. Das ist für mich in meiner Arbeit essenziell. Ich bin auch fasziniert von dramaturgischen Abläufen – besonders in Gottesdiensten. Wenn sich die Teile des Rituals zu einem Ganzen zusammenführen, gibt mir das ein fast schon kathartisches, also reinigendes und befreiendes Gefühl. Und es gibt so viele schöne Kirchenlieder, die dazu beitragen können.
Im Einklang mit der Berufswahl
Ich habe vielfältige Aufgaben – von klassischer Laien-Kirchenmusik über Pop-Rock- oder Gospelchöre bis zu Kantaten-Wochenenden und Vereinsgottesdiensten. Ich darf Komponistinnen und Komponisten engagieren, Laien instruieren und Auftritte dirigieren. Auch Administrationsarbeiten, eine durchgetaktete Organisation und grosse Freiheiten beim Management von Projekten wie dem Krippenspiel gehören dazu. Als Kirchenmusikerin kann ich musikalische und soziale Aspekte in einem harmonischen Umfeld verbinden. So kann ich die Gemeinde mitgestalten und an den Lebensgeschichten von ganz verschiedenen Menschen teilhaben.
«Ich kann den Menschen viel mitgeben und sie berühren mit Musik.»
Udo Zimmermann, Kirchenmusiker
Udo Zimmermann arbeitet als Kirchenmusiker in der Pfarrei St. Peter und Paul in Zürich.
«Ich bin in meiner Pfarrei zuständig für die gesamte Kirchenmusik, also Orgel und Chor. Meine 100%-Anstellung als Kirchenmusiker ist in der Schweiz ziemlich aussergewöhnlich, in der Mehrzahl der Pfarreien macht die Kirchenmusik nur ein Teilzeitpensum aus. Bei uns ist der Kantorendienst sehr wichtig: Wir haben das Glück, vier Mal pro Wochenende eine Kantorin oder einen Kantor in der Messe zu haben. Zum Teil sind das Studentinnen und Studenten der Zürcher Hochschule, andere haben eine Kantorenausbildung der Hochschule Luzern Musik und ein Diplom in Kirchenmusik C. Der Aufbau dieses Kantorendienstes, ein sehr wichtiger Dienst in der Liturgie, ist ziemlich zeitaufwendig.
Vielschichtiger und fordernder Arbeitsalltag
Mein Arbeitsalltag ist sehr vielschichtig, aber auch sehr fordernd: Ich arbeite sechs Tage in der Woche und habe jeweils am Freitag frei, zusätzlich ein freies Wochenende pro Monat. Pro Woche bin ich in acht Gottesdiensten engagiert. Hinzu kommen am Montag Proben des Kinder- und des Kirchenchors sowie die Chorprobe des Vokalensembles. Der Dienstag ist der Tag des Mittagsgebets, daneben erledige ich Büroarbeit und stelle zum Beispiel die Unterlagen für die Kantoren oder die Noten für den Chor zusammen oder suche und buche Solistinnen und Solisten, überlege mir einen musikalisch roten Faden für die Liturgie. Und so geht das weiter durch die Woche. Was bei diesem reich befrachteten Kalender manchmal leider etwas zu kurz kommt, ist das eigene Üben.
Zur Kirchenmusik kam ich recht zufällig. Ich war in meiner Jugend Ministrant, und die Orgel hatte mich schon immer fasziniert. Dann begann ich als Autodidakt mit dem Klavierspiel, nahm dann Unterricht und spielte in ersten Gottesdiensten. So bin ich reingerutscht. Mein Klavierlehrer fand, die Ausbildung zum Kirchenmusiker C sei doch etwas für mich. Die Ausbildung gefiel mir dann so gut, dass ich das B-Diplom anhängte, den heutigen Bachelor. Nach zwei Jahren Berufstätigkeit in Deutschland erwarb ich in Frankfurt schliesslich auch das A-Diplom, den Master.
Die Ausbildungsgänge in Deutschland und in der Schweiz sind sehr ähnlich, aber nicht gleich. In der Schweiz studiert man in einem Hauptfach und einem Nebenfach, in Deutschland gibt es diese Unterteilung nicht, man studiert mehrere Fächer gleichwertig nebeneinander, dadurch ist alles etwas breiter gefächert, andererseits fehlt die Vertiefung, die ein Hauptfach ermöglicht.
In die Schweiz kam ich eigentlich als klassischer Arbeitsmigrant: Nach der Jahrtausendwende war der Arbeitsmarkt in Deutschland recht schwierig. Als Kirchenmusiker musstest du in 7 bis 8 Pfarreien arbeiten und hattest vielleicht 15 Orgeldienste, das kann recht mühsam sein. Also suchte ich auch in der Schweiz und fand schliesslich eine Stelle bei den Solothurner Singknaben und als Kirchenmusiker in Emmenbrücke.
Vollwertiges Mitglied des Pfarreiteams
Diesen Entscheid habe ich nie bereut, und ich schätze es sehr, dass ich an meiner aktuellen Stelle ein vollwertiges Mitglied des Pfarreiteams bin. Damit verbunden sind sehr vielfältige Kontakte: Ich kenne viele Leute und habe auch mit allen Altersgruppen zu tun – vom Kinderchor über das Vokalensemble bis zum Gregorianischen Choral mit lauter Männerstimmen. Am Samstag veranstalten wir einmal im Monat ein Offenes Singen, das mit einem Gottesdienst abgeschlossen wird; da begleite ich jeweils auf dem E-Flügel.
«Ich kann eine Art musikalische Seelsorge bieten und durch das Medium Musik zur Verkündigung beitragen.»
In der Liturgie bin ich mitverantwortlich und kann durch die Musik auch selber gestalten, also eine Art musikalische Seelsorge bieten und durch das Medium Musik zur Verkündigung beitragen. Ich kann auch Konzerte initiieren oder selber spielen, und alles mit einer grossen Vielfalt von Stilrichtungen. Es ist wichtig, dass es ein Miteinander von Theologie und Musik gibt, dass sich daraus eine Einheit ergibt.
Wer Kirchenmusikerin oder Kirchenmusiker werden will, muss gläubig sein: Ohne Glauben keine Verkündigung. Man muss die Liturgie lieben und sie sehr gut kennen. Dann braucht es natürlich musikalische Begabung. Wichtig ist auch, dass man die Menschen liebt und auf sie zugehen kann, man muss sie akquirieren können für die Mitarbeit in der Kirche. Etwas Psychologie schadet nicht, ist man doch Ansprechperson für alles Mögliche. Und schliesslich braucht es Teamfähigkeit und ein Gespür für verschiedenste Situationen im Alltag: die richtige Musik für den richtigen Moment.
Es ist für mich eine grosse Bereicherung, in der Pfarrei Teil von etwas Grösserem zu sein: Ich erlebe die Kirche als grosse Gemeinschaft und arbeite darin für die Leute, die zu uns kommen und miteinander feiern; ihnen will ich etwas mitgeben. Zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Gläubigen. Das Miteinander von Gläubigen, dieses Miteinander-unterwegs-Sein, das gefällt mir sehr. Und ich spüre, wie sehr ich angenommen werde in meiner Funktion, das ist ein schönes Gefühl.
Künstlerische Verwirklichung als Plus
Zu den Pluspunkten meiner Arbeit gehört auch die künstlerische Verwirklichung, die bis zu einem bestimmten Grad auch eine Selbstverwirklichung ist, wenn ich zum Beispiel an Orgelkonzertreihen denke. Ich habe die Möglichkeit, die Liturgie farbig zu gestalten, und damit verbunden ist erst noch eine relativ grosse Freiheit in der Tagesgestaltung. Klar, die Chöre haben ihre Probetermine, die Gottesdienste ihre Zeiten, aber rund um diese Fixtermine bin ich sehr frei.»
«Es ist für mich ein grosses Privileg, Studierende auf ihrem musikalischen Weg begleiten zu dürfen!»
Suzanne Z’Graggen, Kirchenmusikerin
Suzanne Z’Graggen ist Stabstellenleiterin und Studienkoordinatorin Kirchenmusik und Dozentin für Orgel an der Hochschule Luzern – Musik. Zudem ist sie verantwortliche Kirchenmusikerin und Hauptorganistin an der Jesuitenkirche in Luzern.
«Die Jesuitenkirche ist ein wunderschöner Arbeitsplatz, und wenn ich hier musizieren und wirken darf, empfinde ich das als grosses Geschenk. Doch es ist nicht das allein, was mich in meiner gegenwärtigen Arbeit ausfüllt. Es ist die Kombination meiner Tätigkeiten: die konzertanten Auftritte, das aktive Musizieren bei gottesdienstlichen Feiern und das Unterrichten junger Menschen.
Vor allem die Arbeit mit Studierenden lässt mich eigene Ansätze im Musikalischen immer wieder überdenken. Dadurch findet eine ständige Auseinandersetzung mit dem Instrument, dem Raum und der technischen wie auch der musikalischen Umsetzung der Orgelliteratur statt. Das Einlassen auf diesen Prozess fordert mich stets aufs Neue heraus.
Etwas tief Berührendes und Erfüllendes
Zur Orgel kam ich im Kindesalter eher durch Zufall. Seither hat mich die Faszination für dieses aussergewöhnliche Instrument nicht mehr losgelassen. Das immense Klangspektrum, die dynamischen Möglichkeiten, das Erleben des Schalls in wunderbaren Räumen und der Reichtum an Orgelliteratur sind einzigartig. Zudem ist jede Orgel anders, und das sehr körperliche Spiel mit Händen und Füssen auf mehreren Manualen und Pedal machen das Orgelspiel in meinen Augen zu etwas tief Berührendem und Erfüllendem.
Von klein auf übte ich stundenlang, und der erste Orgelunterricht durfte alsdann folgen. Dabei hatte ich das Glück, einem Lehrer zu begegnen, der meine Begeisterung spüren und aufnehmen konnte. Er gab mir seine Spielfreude und grosse Erfahrung zurück. Neben dem Gymnasium folgten bald erste Studien in Kirchen- und Schulmusik an der Musikhochschule Luzern.
«Die Arbeit mit Studierenden lässt mich eigene Ansätze im Musikalischen immer wieder überdenken.»
Musik prägte dann auch mein weiteres Studium: An der Hochschule der Künste Bern schloss ich mit den Lehr- und Solistendiplom Orgel und an der Universität Bern mit dem Gymnasiallehramt im Fach Musik ab. Ein besonderer Abschluss war dann das Konzertdiplom Orgel in der Konzertklasse von Professor Michael Radulescu an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Dieser Komponist und Organist faszinierte mich ungemein, und die Zeit in Wien war für mich denn auch in verschiedener Hinsicht unglaublich wertvoll und inspirierend.
Grosses Spektrum an kirchlichen Anlässen
Meine erste grosse Anstellung als Kirchenmusikerin trat ich 2008 als Domorganistin der St.-Ursen-Kathedrale Solothurn an, wo ich auch künstlerische Leiterin diverser Orgelkonzertreihen war. In den über acht Jahren meiner Tätigkeit lernte ich viele spannende Menschen kennen und erlebte zahlreiche musikalisch eindrückliche Feiern. Dabei war das ganze Spektrum kirchlicher Anlässe vom Sonntagsgottesdienst über Taufen, Trauungen oder Beerdigungen bis hin zu den Feiern des bischöflichen Ordinariates gross. Es ist ja wohl oft so, dass Menschen in die Kirche kommen, wenn sie sich entweder in schwierigen oder besonders schönen Lebenssituationen befinden.
Die Anstellung als Domorganistin bedingte durch die vielen Fixtermine eine relativ starke Bindung an den Ort. Das kirchenmusikalische Leben an der Jesuitenkirche Luzern ist diesbezüglich freier, da es sich bei dieser ganz speziellen Kirche um keine Pfarrkirche handelt und sich somit Gottesdiensttermine auf Sonn- und Feiertage beschränken. So geniesse ich es nun, dem Konzertieren als Orgelsolistin mehr Raum geben zu dürfen, und ebenso der Arbeit mit den jungen Menschen, die sich für das Berufsfeld Kirchenmusik an der Hochschule Luzern – Musik entschieden haben.
Es ist für mich ein grosses Privileg, Studierende auf ihrem musikalischen Weg begleiten zu dürfen!»