Leitungsassistentin & Leitungsassistent
Das Aufgabenprofil der kirchlichen Leitungsassistenz ist relativ neu. Es gibt immer mehr Pfarreien, die kirchliche Leitungsassistentinnen anstellen – meist sind dies grössere Pfarreien, aber auch Pastoralräume oder Seelsorgeeinheiten. Es handelt sich um eine Berufsfelderweiterung für Quereinsteigende aus Wirtschaft und Verwaltung sowie für Pfarreisekretärinnen und -sekretäre mit Weiterqualifikation.
Die Leitungsassistenz unterstützt Pfarrer und andere mit der pastoralen Leitung Beauftragte in allen administrativen und organisatorischen Belangen. Sie bewahrt den Überblick und sorgt dafür, dass die Administration rund läuft.
Die konkreten Tätigkeiten fallen je nach Arbeitsort sehr unterschiedlich aus – von der Verantwortung für Sitzungseinladungen und Protokolle über Terminpläne, Korrespondenz, Budgetvorlagen, Kommunikation nach innen und aussen, Suche nach Aushilfen, Verwaltung kirchlicher Gelder, Pfarreibücher und Archive bis hin zur Erstellung und Umsetzung von Konzept- und Projektarbeiten. Auch die Führung des administrativen Personals und die Einsatzplanung für Gottesdienste und weitere kirchliche Anlässe können zum Aufgabenfeld gehören.
Das bringst du mit
Je nach den Anstellungsbedingungen und den Aufgaben einer Pfarrei sind die fachliche Qualifikation für den Beruf als Leitungsassistenz verschieden. Mindestvoraussetzung sind eine abgeschlossene kaufmännische Lehre oder eine adäquate Ausbildung sowie mehrjährige Berufserfahrung.
Du hast Freude an Büroarbeiten und am Organisieren. Du arbeitest gerne selbstständig und denkst mit, bist kommunikativ und im Umgang mit anderen kooperativ. Und du kannst dich mit der katholischen Kirche identifizieren.
Ausbildung
Das Theologisch-Pastorale Bildungsinstitut TBI in Zürich bietet für Quereinsteigerinnen und -einsteiger aus Wirtschaft und Verwaltung zwei Weiterbildungsmodule an. Inhaltlich wird unter anderem Wissen über Aufbau und Aufgaben der Kirche, die kirchliche Diakonie und das duale Kirchensystem in der Schweiz vermittelt. Voraussetzungen für die Teilnahme sind eine abgeschlossene kaufmännische Lehre (Profil E oder M) oder eine adäquate Ausbildung sowie mehrjährige Berufserfahrung.
Weitere Infos unter: tbi-zh.ch/leitungsassistenz
Dauer der Ausbildung
Die beiden Weiterbildungsmodule des TBI sind berufsbegleitend und vermitteln das erforderliche fachliche Wissen. Das Modul «Grundzüge der Kirche und Pastoral» (60 Lernstunden) dient als Basismodul, im Modul «Leben und Arbeiten in der Kirche: Leitungsassistenz» (80 Lernstunden) erweitern Teilnehmende ihre Kompetenzen für die praktische Arbeit – wie zum Beispiel fürs Personalwesen.
Abschluss
Teilnehmende erhalten nach Abschluss des Lehrgangs ein Zertifikat.
«Ich bringe Organisationsfähigkeit in die Kirche und stärke sie dadurch.»
Lukas Schönenberger, Leitungsassistent
Lukas Schönenberger arbeitet als Leitungsassistent in der Pfarrei St. Anna in Frauenfeld. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
«Nach der Matura und dem Abschluss der Offiziersschule schrieb ich mich für ein Theologiestudium in Freiburg ein. Das war ein Bauchentscheid und kam eher überraschend. Eigentlich wollte ich Geschichte studieren oder Journalist werden. Theologie und der Glaube hatten mich aber immer fasziniert.
Das Bistum Basel wollte mich für den kirchlichen Dienst gewinnen. Ich selbst sah mich aber nie als Seelsorger, meine Stärken liegen woanders. Nach dem Bachelorabschluss arbeitete ich in der Firma eines Kollegen im luzernischen Entlebuch im Projektmanagement. Wir begleiteten verschiedene Projekte wie Gemeindefusionen oder Wahlkampagnen. Ich fand die Aufgaben sehr spannend.
Neue Position kam überraschend
Als mich der Pfarrer von Frauenfeld fragte, ob ich Jugendlichen Religionsunterricht geben und eine Firmgruppe begleiten möchte, sagte ich zu. In der Pfarrei, die ich aus meiner Jugend kannte, gefiel es mir von Anfang an sehr gut. Mein anfangs kleines Pensum wuchs und ich übernahm immer mehr Verantwortung. Schliesslich leitete ich den ganzen Bereich Religionsunterricht des Pastoralraums mit rund 12'000 Gläubigen.
Dann musste der Pfarrer überraschend demissionieren. Ich wurde angefragt, ob ich die Koordination der Pfarrei vorübergehend übernehme, bis eine neue Gemeindeleitung gefunden ist. Die Anfrage war an zwei Bedingungen geknüpft: Ich soll regelmässig Führungscoachings (Supervision) nehmen und einen Masterabschluss machen. Berufsbegleitend schloss ich den MAS Business Administration der ZHAW in Winterthur ab; die Supervision besuche ich bis heute.
Als ich meine neue Aufgabe übernahm, im Jahr 2017, gab es die Berufsbezeichnung Leitungsassistenz noch gar nicht. Wir einigten uns auf die Bezeichnung «Koordinator». Von den Aufgaben her übe ich den Beruf eines Leistungsassistenten aus. Sobald eine neue Gemeindeleitung kommt, werde ich zu dieser Berufsbezeichnung wechseln.
Sitzungen und Administration prägen den Alltag
Ich bin die rechte Hand des Gemeindeleiters. Ich helfe zum Beispiel bei der Führung von Mitarbeitenden, übernehme die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und leite verschiedene Projekte. Ich schaue, dass die Beschlüsse und Resultate von Sitzungen in verschiedenen Bereichen weitergeführt und umgesetzt werden und bin die Person, bei der alle Fäden zusammenfliessen. Ich bin dafür verantwortlich, dass unsere rund 70 Mitarbeitenden informiert und für ihre unterschiedlichen Einsätze koordiniert werden. So organisiere ich unter anderem die Gottesdienstplanung für die verschiedenen Kirchen unserer Gemeinde und übernehme die Koordination mit internen und externen Stellen.
Mein Alltag ist durchgetaktet und geprägt von viel Büroarbeit und regelmässigen Sitzungen mit den verschiedenen Teams, Bereichsleitungen und externen Partnern. Montags und freitags erledige ich vorwiegend Administratives, da die meisten Seelsorgenden dann nicht im Haus sind oder sich auf den Gottesdienst vorbereiten. Es gibt auch Situationen, in denen ich rasch reagieren muss. Zum Beispiel bei Todesfällen koordiniere ich kurzfristig, welche Seelsorgenden die Beerdigungen übernehmen.
Anderen Freiraum schaffen, damit es für alle stimmt
Von den Aufgaben her könnte ich auch in einer Verwaltung arbeiten, es ist eine klassische Stabschef- oder Projektmanagementstelle. Ich bin ein kirchlich geprägter Mensch und mir sind der Glaube und die Kirche sehr wichtig. In der Kirche braucht es auch organisatorisch versierte Menschen, nicht nur Seelsorgerinnen und Seelsorger. Es gefällt mir sehr, meinen Mitarbeitenden Freiraum zu schaffen, damit sie ihre Stärken ausleben können. Und ich bin froh, dass ich nicht seelsorgerisch tätig sein muss. Ich bin besser bei Organisatorischem und in Führungsaufgaben.
Es hilft, wenn man einen Zugang zur Kirche oder zum Glauben hat. Das heisst nicht, dass das Thema lebensbestimmend sein muss, aber man muss an die Inhalte anknüpfen können. Zudem braucht es ein Verständnis für duale Systeme – also das Zusammenspiel zwischen pastoraler Seite (Pfarrei) und der staatskirchenrechtlichen Seite (Kirchgemeinde). Ein solches Verständnis braucht man aber zum Beispiel als Lehrperson auch.
Wer sich für den Beruf interessiert, dem rate ich eine Art Führungsausbildung zu machen, zum Beispiel in Betriebsökonomie, Personalmanagement oder Projektmanagement.
Abrenzung ist wichtig
Das Beste an meinem Beruf ist, dass ich mit Menschen unterwegs sein darf und wir zusammen unsere Organisation weiterentwickeln können. Besonders Freude habe ich an Projekten, die zeitlich begrenzt sind – zum Beispiel die Organisation eines Anlasses oder Jubiläums. Eine Zeit lang etwas zusammen entwickeln und auch mal abschliessen, das befriedigt mich.
Zu den Schattenseiten des Berufs zählt, dass ich manchmal personelle Entscheide treffen muss, die nicht einfach sind. Zudem sind die Arbeitstage oft lang: Durch die Arbeit mit Freiwilligen und Behörden findet vieles abends oder am Wochenende statt. Da braucht es oft Selbstdisziplin, um sich abzugrenzen. Mir gelingt das, weil ich eine grossartige Frau und drei Kinder habe.
Von Anfang an Wohlwollen gespürt – auch als junge Person
Dadurch, dass das Berufsprofil Leitungsassistenz noch jung ist, ist der Alltag noch nicht so institutionalisiert. Als Berufseinsteigerin oder -einsteiger hat man einen relativ grossen Freiraum und trifft auf offene Türen – gerade auch bei älteren Mitarbeitenden.
Ich habe selbst als 31-Jähriger angefangen. Was mich wahnsinnig motiviert und bestärkt hat, war, dass mir mein Berufsumfeld von Anfang an vertraut hat. Das war grossartig. Ich habe immer die Freude der Mitarbeitenden gespürt. Nie hatte ich das Gefühl, ich muss mich behaupten. Die gegenseitige Wertschätzung ist schön.»
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«An meiner Arbeit schätze ich, dass der Mensch mehr im Vordergrund steht.»
Jacqueline Fisch, Leitungsassistentin
Jacqueline Fisch arbeitet als Leiterin Administration und Betrieb in der Pfarrei Heilig Kreuz in Zürich – mit über 9000 Mitgliedern die grösste Kirchgemeinde der Stadt.
«Ich war ziemlich überrascht, als mich eine Freundin, die Mitglied in der Kirchenpflege ist, auf das Stelleninserat ihrer Kirchgemeinde aufmerksam machte. Zuerst war ich skeptisch. Bis dahin hatte ich mit der katholischen Kirche nur bei Festen wie der Taufe oder Erstkommunion meines Sohnes und durch meine Mitgliedschaft beim katholischen Turnverein zu tun.
Doch der Aufgabenbereich hörte sich sehr spannend und vielfältig an. Ich stieg als Pfarreisekretärin ein, später übernahm ich zusätzliche Aufgaben in der Administration. Der Einstieg als Pfarreisekretärin war für mich sehr hilfreich. Ich bekam so Einblicke in den Alltag einer Pfarrei. Heute bin ich Vorgesetzte von zwei Pfarreisekretärinnen und habe ein konkretes Bild von ihren Arbeitsfeldern und den Themen, die sie beschäftigen.
Dass ich in einem neuen Berufsbild arbeite, finde ich spannend. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger sollen mehr Zeit für die Seelsorge haben und die administrativen Aufgaben an eine Fachperson abgeben können. Das spart nicht nur Zeit, sondern macht auch mehr Sinn: Eine Seelsorgerin oder ein Sozialarbeiter hat in der Regel keine kaufmännische Grundausbildung.
Mitarbeitergespräche führen oder die Weihnachtsfeier organisieren
Meine Aufgaben sind vielseitig: Ich nehme an den Leitungssitzungen teil, schreibe Protokolle, bin Vorgesetzte für die Pfarreisekretärinnen und weitere Mitarbeitende wie Hauswart oder Reinigungspersonal. Ich führe Mitarbeitergespräche oder kümmere mich bei einem Personalwechsel um die Suche nach neuen Mitarbeitenden. Aber auch für die Organisation der Weihnachtsfeiern und Teamausflüge, betriebliche Abläufe sowie kleinere Buchhaltungsaufgaben bin ich zuständig.
Ich schätze es, sehr selbständig arbeiten zu können. Oft ist auch meine Kreativität gefragt. Meine bisherigen beruflichen Stationen helfen mir bei meiner heutigen Aufgabe. Nach meiner kaufmännischen Ausbildung war ich bei verschiedenen Firmen im Büro tätig, zuletzt bei der Swisscom. An meiner jetzigen Stelle bei der Kirchgemeinde schätze ich, dass der Mensch mehr im Vordergrund steht – wir verkaufen kein Produkt. Ansonsten gibt es kaum Unterschiede zu meinen bisherigen Anstellungen. Ein Büro ist ein Büro – egal ob bei der Kirche oder in einem KMU.
Von Anfang an akzeptiert
Erst durch meine Tätigkeit bei der Kirchgemeinde ist mir bewusst geworden, wie vielfältig die Aufgaben einer Pfarrei sind. Es war mir schon klar, dass Kirche mehr ist als nur Gottesdienste. Doch ich war überrascht, wie viele verschiedene Gruppen und Vereine es in einer Pfarrei gibt und wie gut frequentiert ein Pfarreizentrum ist. Als Leiterin der Administration bin ich auch an den Leitungssitzungen der Pfarrei dabei. Die Seelsorger haben mich von Anfang an in ihrer Mitte akzeptiert. Bei den Diskussionen bringe ich eine andere Perspektive ein und bin dabei ein Stück weit auch Einzelkämpferin.
Einen persönlichen kirchlichen Bezug muss eine kirchliche Leitungsassistentin nicht zwingend mitbringen – aber es macht schon Sinn, dass man sich mit der Kirche identifizieren kann und eine Ahnung vom kirchlichen Leben hat, sonst stelle ich mir das sehr kompliziert vor.»
Das Porträt basiert auf dem Artikel von Stephan Sigg, der auf Miss Moneypenny erschienen ist. Wir danken für die freundliche Genehmigung.